Wer
cholerische Arbeitnehmer beschäftigt durfte sich wohl schon über die eine oder
andere Entgleisung ärgern. Demnächst kann er sich auch über die Toleranz der
Rechtsprechung in solchen Fällen wundern.
Im
dem vom Gericht am 23.07.2013 entschiedenen Fall, klagte ein
Warenauffüller eines Baumarkts gegen seinen Arbeitgeber auf Entgeldfortzahlung.
Der Kläger fuhr einen Gabelstapler mit einem selbst angebrachten provisorischen
Plexiglasdach als Wetterschutz. Der betriebliche Sicherheitsbeauftragte hielt
den Kläger zum Abbau des Daches an. Darüber geriet der Kläger derart in Wut,
dass er zunächst mit Verpackungsmaterial um sich warf. Anschließend schlug er
dreimal mit der Faust auf ein in der Nähe aufgestelltes Verkaufsschild aus
Hohlkammerschaumstoff, welche auf einer Holzstrebe montiert war. Dabei brach
sich er die rechte Hand. Vom 9. August bis 19. September 2012
war der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Entgeldfortzahlung in
Höhe von 2.662,52 € brutto, verweigerte seine Arbeitgeberin. Schließlich
habe der Kläger sich seine Verletzung vorsätzlich herbeigeführt. Spätestens
nach dem ersten Schlag habe er die Holzstrebe spüren müssen. Trotzdem habe er
voller Wut weiter auf das Verkaufsschild eingeschlagen.
Dies
sah das Gericht anders. Eine Verweigerung der Entgeltfortzahlung
setze grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten gegen sich selbst voraus.
Im Arbeitsrecht unterliegen die Parteien einem starken wirtschaftlichen
Abhängigkeitsverhältnis, das besondere gegenseitige Sorgfaltspflichten
auferlegt. Grobe Fahrlässigkeit liegt hier nur dann vor, wenn ganz naheliegende
Sorgfaltsregeln, die in der gegebenen Situation "jeder" befolgt
hätte, außer acht gelassen wurden. Der Verstoß muss also sehr krass sein, oder
wie das BAG es einst sehr anschaulich formulierte „Man muss förmlich
die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn man von dem Hergang des
Schadensereignisses erfährt.“
Ein
Arbeitnehmer, der aus Wut auf ein Schild schlägt und sich dabei die Hand
bricht, verletzt sich nicht mutwillig. Ein solches Verhalten sei nach Ansicht
des LAG noch nicht krass genug. Der Armbruch sei als Folge des cholerischen
Anfalls lediglich leicht fahrlässig herbeigeführt worden. Der Anspruch ist
begründet.